Abenteuer Frachtschiffreise

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Die Buchbesprechung „Die Mittelmeerreise“ von Hanns-Josef Ortheil über eine Frachtschiffreise, die der Autor 1967 als Jugendlicher mit seinem Vater unternahm, wurde zum Anlass, diese besondere Form des Reisens vorzustellen. Denn damals wie heute ist es möglich, auf Transportschiffen als zahlender Passagier mitzufahren.

Eine solche Frachtschiffreise ist zweifellos etwas für Individualisten, ein maritimes Erlebnis und ein Abenteuer. Frachter sind quasi die LKWs der Flüsse und Weltmeere. Und da LKWs normalerweise keine Fahrgäste transportieren, nehmen auch nur wenige Transportschiffe Passagiere an Bord. Die Anzahl der Gäste liegt meist nur bei zwei bis vier Personen.  Maximal dürfen es acht bis zehn Passagiere sein, denn bei höheren Zahlen gelten die Vorschriften für Passagierschiffe. So muss z.B. ab zwölf  Passagieren ein Schiffsarzt mit an Bord sein.

Frachtschiffreise buchen, Anbieter für Frachtschiffreisen

Eine Frachtschiffreise können Sie weder im Katalog noch in einem normalen Reisebüro buchen. Es gibt nur einige wenige Anbieter, die sich auf die Vermittlung dieser sehr beratungsintensiven Reiseform spezialisiert haben.

Interview mit Lutz Woitas von der Agentur Zylmann

Besonders gut gefällt uns das Angebot und der Internetauftritt der Frachtschiff-Touristik Kapitän Zylmann GmbH.  Hier findet der Interessent eine große Auswahl an Frachtschiffreisen, mit detaillierten Angaben zu den Schiffen und Routen, sowie Fotos der verfügbaren Kabinen.

Agenturgründer Peter Zylmann war 22 Jahren lang als Kapitän auf Frachtschiffen unterwegs. 1986 wechselte er in die Tourismusbranche und gründete die Frachtschiff-Reiseagentur Zylmann. Peter Zylmann ist inzwischen in Rente und schreibt vor allem Reisebücher (erhältlich bei Amazon).

Lutz Woitas

Seit 2010 leitet Lutz Woitas die Agentur. Der Experte für Frachtschiffreisen hat mit dem Romancier Hanns-Josef Ortheil etwas gemeinsam. Auch er hat seine erste Frachtschiffreise mit 16 Jahren zusammen mit seinem Vater unternommen. Dieses Erlebnis war so prägend, dass viele weitere Fahrten folgten. DieSchiffreise.de hat Lutz Woitas zum Thema Frachtschiffreisen befragt. Interview lesen!

Besonderheiten von Frachtschiffreisen

Ein Frachtschiffreise ist keine Kreuzfahrt. Im Mittelpunkt steht der sichere und zuverlässige Frachttransport. Das kann bedeuten, dass sich Abfahr- und Ankunftszeiten, geplante Routen und Zwischenstopps kurzfristig verändern können. Darauf müssen sich mitfahrendende Reisende einstellen. Dafür dürfen die wenigen Frachtschiffgäste auch schon mal auf die Brücke, in den Lade- oder Maschinenraum. Schnell bekommen sie Kontakt zum Kapitän und zu der Führungscrew. Sie erleben die Manöver und die Arbeitsabläufe auf dem Schiff aus nächster Nähe.

Geräumige und komfortable Kabinen

Passagiere auf Frachtern erleben keinen Luxus, aber durchaus gehobenen Komfort. Häufig werden sie in gut ausgestatteten Eigner- oder Zahlmeisterkabinen untergebracht.  Manchmal sind es sogar Suiten mit getrenntem Schlaf- und Wohnbereich. Allerdings gibt es keinen Zimmerservice. Bettwäsche und Handtücher werden gestellt, die Betten zu machen und die Kabine (häufig auch als „Kammer“ bezeichnet) aufzuräumen, bleibt den Passagieren überlassen. Auf größeren Frachter gibt es Waschmaschinen, die auch von den Passagieren genutzt werden können.

Frachtschiff mit Containern
Foto: schneiderlein2808 / pixelio

 

Freizeitbeschäftigung

Auf Frachtschiffen wird kein Animationsprogramm geboten. Die See, die Stille, Wind und Wetter übernehmen diese Aufgaben.
Einige größere Handelsschiffe verfügen über ein Schwimmbecken, manchmal auch über eine Sauna und einen Fitnessraum. Trotz dieser sportliche Möglichkeiten, bleibt genügend Zeit für Gespräche, Muse und Bücher lesen. Zur Mitnahme empfehlenswert sind ein Laptop oder ein eBook-Reader, Hörbücher und DVDs.

Medizinische Versorgung

Im Gegensatz zu Kreuzfahrtschiffen besitzen Frachtschiffe, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen, keine Stabilatoren. Bei Sturm und hohem Wellengang verringern Stabilatoren das Schaukeln des Schiffes. Dank Stabilatoren werden Passagiere nicht so leicht seekrank. Das heißt im Umkehrschluss, dass Passagiere bei Frachtschiffreisen in ihrer Reiseapotheke auf jeden Fall auch Medikamente gegen Seekrankheit mitführen sollten. Ein Tipp: Wer leicht seekrank wird und trotzdem eine Frachtschiffreise unternehmen möchte, ist bei Binnenschiffen auf der sicheren Seite. Auf Flussfrachtern ist auch bei stürmischem Wetter keine Seekrankheit zu erwarten.

Da auf Frachtschiffen kein Arzt verfügbar ist, setzen viele Reedereien für Passagiere ein Mindest- und Höchstalter. Diese Altersvorgaben variieren, doch unabhängig von diesen Vorschriften ist eine Reise auf einem Frachtschiff weder für Kinder noch für sehr alte Menschen mit Gesundheitsproblemen oder eingeschränkter Beweglichkeit geeignet. Viele Reedereien verlangen daher von Passagieren ab 65 Jahren ein ärztliches Gesundheitsattest. Grundsätzlich benötigen alle Frachtschiffpassagiere eine Auslandskrankenversicherung.




Essen und Trinken

Im Reisepreis ist Vollpension inbegriffen. Getränke außer Kaffee, Tee und Wasser kosten extra. Bei kleinen Binnenschiffen ist unter Umständen die Verpflegung  selbst mitzubringen. Das ist jedoch die Ausnahme.

Die Mahlzeiten auf Hochseefrachtern werden gemeinsam mit dem Kapitän und den Offizieren in der Offiziersmesse eingenommen. Es wird gut und reichlich aufgetischt. Morgens, mittags und abends gibt etwas Warmes.

Die üblichen Essenszeiten:

  • 07.30h – 08.30h Frühstück
  • 10.00h Kaffee & Tee
  • 11.30h – 12.30h Mittagessen
  • 15.00h Kaffee & Tee
  • 17.30h – 18.30h Abendessen

Alkohol ist ein heikler Punkt. Es gibt Schiffe mit striktem Alkoholverbot. Auf anderen Schiffen können Sie problemlos zu den Mahlzeiten ein Bier bestellen. Im Zweifelsfall sollten Sie nachfragen.

Landgänge

Container- und Frachtschiffhäfen sind nicht vergleichbar mit einem Kreuzfahrtterminal. Im Industriehafen dreht sich alles um das Be- und Entladen, um Zollformalitäten und andere Belange der Handelsschifffahrt. Häufig beeinflussen auch Arbeitsvorschriften die Warte- und Liegezeit. In einigen Häfen gibt es Shuttlebusse, in anderen Häfen müssen Sie sich ein Taxi bestellen. Wichtig ist, dass die Passagiere möglichst während des Landgangs über Handy erreichbar und frühzeitig wieder auf dem Schiff sind. Ein Frachter kann auf verspätete Gäste nicht warten.

Kosten, Preise

Eine Frachtschiffreise ist kein Billigurlaub. Die Preise liegen je nach Reederei und Vermittler bei 80 bis 100 Euro pro Tag, inklusive Vollpension. Die Aufschläge für Einzelreisende, also bei Buchung einer Doppelkabine zur Alleinnutzung sind gering. Sie liegen nur bei 10 bis 20 Prozent. Hinzu kommen Kosten für Bordgetränke, Landgänge, eventuell eine Ein- und Ausschiffungsgebühr, sowie die obligatorische Deviationsversicherung.

Die Deviationsversicherung übernimmt die Kosten, falls das Schiff wegen eines Notfalls, der durch einen Passagier verursacht wurde, die Route ändern oder einen zusätzlichen Hafen anfahren muss. Der Versicherungsbetrag beträgt pro Person, je nach Reiseroute und nach Länge der Reise, zwischen 30 bis 200 Euro.

Foto: Andrea Lohberger / pixelio

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