Mord d’Azur von Jörg Armbrüster oder ein toter Stierkämpfer am Strand von Nizza

Mord d'Azur, ein Kriminalroman von Jörg Armbrüster. Im Hintergrund der Hafen von Nizza
Mord d’Azur, ein Kriminalroman von Jörg Armbrüster

Der Journalist Jörg Armbrüster hat mit seinem bemerkenswerten Erstlingswerk Mord d’Azur einen Nizza-Krimi und zugleich ein kenntnisreiches Buch über Tradition und Praxis des südfranzösischen Stierkampfes vorgelegt.

Am mondänen Stadtstrand von Nizza wird der berühmte Matador Castilles mit seinem eigenen Degen erstochen. Die Mordermittlungen führen das Team um Commandant Matazzi und den Leser tief in die Welt der Profi-Stierkampfes.

Ich hatte bisher geglaubt, die Begriffe Torero und Matador wären Synonyme. Welch ein Irrtum! Der Matador ist der gefeierte Superstar in der Arena, während die Bezeichnung Torero ein Obergriff für all die vielen jungen Männer ist, die sich in irgendeiner Form mit dem Stier im Kampf messen. Will man den Vergleich mit der Musikbusiness anstellen – und ein Business ist der professionelle Stierkampf auf jeden Fall – dann bilden die Toreros die Vorgruppe, die das Publikum und den Stier anheizen, bis dann als Höhepunkt der Veranstaltung der Matador auftritt und möglichst elegant wie kunstvoll dem Stier den Todesstoß versetzt.

Der blutige und der unblutige Stierkampf

Das Buch beschreibt die verschiedenen Facetten des Stierkampfes. Neben der klassischen Form, die mit dem Tod des Tieres endet, gibt auch eine unblutige Variante, die in der Provence beliebte Course Camarguaise. Hierbei werden dem geschmückten Stier von unerschrockenen Kämpfern lediglich bunte Bänder und Schleifen von den Hörner gerissen.
Dem Autor gelingt es, ein sehr differenziertes Bild der Stierkampftradition und der bis heute gelebten Praxis zu umreißen. Er beschreibt detailliert die einzelnen Phasen der Corrida, die Atmosphäre in der Arena und die begleitenden Folklore-Elemente.
Jörg Armbrüster ist sicherlich kein Fan blutiger Stierkämpfe, sondern nimmt eher die Haltung seines Protagonisten, dem Leiter der Ermittlung, Commandant Matazzi ein, der von sich sagt: „Ich interessiere mich nicht für Stierkampf (..). Aber ich respektiere Traditionen – und das ist eine hier bei uns im Süden.“
Feinsinnig schildert der Autor die Ambivalenz der Figur des Matadors. Einerseits repräsentiert er Mut, gepaart mit übersteigerter Männlichkeit und eitlem Imponiergehabe. Andrerseits wirkt sein tänzelnder Auftritt in Ballerina-Schühchen, Strumpfhose, und Glitzerjäckchen nicht unbedingt maskulin. Auch liegen Ruhm und Absturz sehr nah beieinander. Nur ein einziger verfehlter Dolchstoß und der Matador findet beim Publikum nur noch Verachtung.

Handwerklich gut gemachter Krimi mit vielen Verdächtigen

Das Mordopfer, der Matador Castilles, war kein besonders sympathischer Zeitgenosse. Er galt als eitel und skrupellos. Die Liste seiner Feinde ist lang. Für die Ermittler und den Leser stellt sich die Frage: Ist der Täter im privaten oder beruflichen Umfeld oder in den Reihen gewaltbereiter Tierschützer zu suchen? Vielleicht hat der Mord auch etwas mit einem Werbevertrag für Parfümdestillerie zu tun. Doch während die Polizei in allen Richtungen ermittelt, lauert der Täter ganz in der Nähe, bereit auch ein weiteres Mal zuzuschlagen.

Mord d’Azur ist ein handwerklich solide konstruierter Krimi, flüssig und stringent erzählt. Auch die interessante Charaktere mit ihren multikulturellen Wurzeln machen das Buch lesenswert.

Ein Buch für Nizza-Freunde

Mord d’Azur ist eine Liebeserklärung des Autors an die südfranzösische Hafenstadt Nizza. So zitieren wir ein weiteres Mal Commandant Matazzi. „Wie schön seine Stadt doch war! Die grünen Hügel und Berge des Hinterlandes fassten sie wie in einem Halbkreis ein. Die Sonne ließ die karminroten Dächer und hellen Fassaden der Häuser in der Altstadt noch wärmer strahlen. Und das türkisfarbene Meer glitzerte verführerisch.“

Tipp für Schiffsreisende

Wer mit dem Schiff nach Nizza kommt und das Glück hat, im Altstadthafen vor Anker zu liegen, der kann viele Schauplätze des Kriminalromans zu Fuß oder mit dem öffentlichen Nahverkehr besuchen. Ein schöner Spaziergang führt z. B. von Hafen entlang der Promenade zum Tatort, dem Opéra Plage. Lohnend ist auch ein Ausflug auf den Mont Boron (oberhalb des Altstadthafens), dort im Villenviertel siedelt der Autor das Luxusanwesen des Matadors Castilles an.

Hinweis: Nur kleinere Kreuzfahrtschiff finden im Altstadthafen Platz; die großen Ozeandampfer müssen den weiter östlich gelegenen Hafen Villefranche-sur-Mer anfahren. Nizza-Kreuzfahrten, Anbieter e-hoi

Bestellhinweis

Mord d’Azur ist 2020 im Emons-Verlag erschienen. Die Taschenbuchausgabe kostet 12 Euro und kann online versandkostenfrei z. B. bei Bücher.de, Amazon, JPC oder Hugendubel bestellt werden.